Phototoxische Reaktionen der Haut

Haut und Sonne

Die Viertelstunde Sonne während der Gartenarbeit kann doch nicht Ursache für die heftige Hautrötung und die Brandblasen am Unterarm sein! Doch, kann sie, und zwar in Kombination mit bestimmten Pflanzenstoffen, mit denen die Haut unmittelbaren Kontakt hatte. Solche Stoffe stecken z. B. auch in Diptam (Foto oben), landläufig auch bekannt als Brennender Busch. Außerdem gibt es Arzneistoffe mit Risiko für Hautreaktionen bei Sonnenbestrahlung.

Sonnenlicht auf der Haut bewirkt so einiges. Es fördert u. a. die Hautdurchblutung, startet die Produktion von Vitamin D und regt Pigmentzellen zur Produktion von Melanin an. Nicht zu vergessen die schädigende Wirkung der UV-Strahlung auf das Erbgut von Zellen und das damit verbundene Risiko für Hautkrebs. Neben den unmittelbaren Reaktionen der Haut auf Sonnenlicht gibt es noch solche, die nur unter Beteiligung von lichtempfindlichen Substanzen, sogenannten Photosensibilatoren, ausgelöst werden. Dabei kann es zu einer phototoxischen Reaktion, in seltenen Fällen auch zu einer photoallergischen Reaktion kommen.

Photoallergische Reaktion

In seltenen Fällen können photosensibilisierende Substanzen eine photoallergische Reaktion auslösen. Der Unterschied zur phototoxischen Reaktion liegt im Reaktionsmechanismus.

Eine photoallergische Reaktion beruht auf einer Überempfindlichkeit des Immunsystems, die nur bei Patienten auftreten kann, die durch einen früheren Kontakt mit der Substanz sensibilisiert sind. Es handelt sich dabei um eine zellvermittelte Allergie (Typ-4-Allergie), die typischerweise verzögert auftritt. D. h., die Krankheitszeichen zeigen sich erst 12 Stunden nach dem Kontakt mit dem Auslöser – in diesem Fall der UV-Bestrahlung – und verschlimmern sich im weiteren Verlauf, bis sie nach etwas 48 bis 72 Stunden ihren Höhepunkt erreichen und wieder abklingen.

Phototoxische Reaktionen

Viele organische und chemische Verbindungen verändern, wenn sie Licht ausgesetzt sind, ihre Struktur. Die Strahlung ist z. B. in der Lage, die Verbindung zwischen den Molekülen zu zerstören, so dass Moleküle frei werden. Diese freien Moleküle können weitere Reaktionen anstoßen, was Auswirkungen auf das umliegende Gewebe hat. Substanzen, die unter Einwirkung von Licht eine toxische – also giftige bzw. schädigende – Wirkung entfalten, bezeichnet man als phototoxisch. Auch manche Pflanzen und Arzneimittel enthalten lichtempfindliche Substanzen und können in Kombination mit UVStrahlung zu Veränderungen und Schäden an Hautzellen führen. Die Reaktion wird dabei vor allem von UV-A-Strahlen (Wellenlängenbereich von 320 bis 400 Nanometern [nm]) ausgelöst.

Die Symptome einer phototoxischen Hautreaktion ähneln häufig denen von Verbrennungen mit starker Hautrötung und Blasenbildung. Außerdem können Hautausschläge, Juckreiz, Brennen der Haut, starke Hauttrockenheit und Schuppenbildung auftreten. Ganz typisch und anders als bei einer photoallergischen Reaktion (s. Kasten rechts): Die Symptome treten nur an den Hautstellen auf, die unmittelbar der Sonnenstrahlung ausgesetzt waren.

Arzneistoffe als Auslöser

Nach aktuellen Studien gibt es zwischen 300 und 400 Wirkstoffe und Präparate, die mit einer phototoxischen Reaktion in Verbindung gebracht werden. Auf der Liste stehen sowohl Arzneimittel, die auf die Haut aufgetragen werden (topische Therapeutika), als auch solche, die innerlich wirken (systemische Therapeutika). Bekannt ist u. a. die photosensibilisierende Wirkung bestimmter Arzneistoffe zur Linderung von Schmerzen und Entzündungen (nichtsteroidale Antirheumatika [NSAR]), von manchen antimikrobiell wirkenden Substanzen, die das Wachstum von Bakterien, Pilzen und Viren verhindern, oder auch von einigen Wirkstoffen, die zur Entwässerung, beispielsweise bei Bluthochdruck, gegeben werden (Diuretika). Bei der Verordnung dieser Medikamente wird der Arzt bzw. der Apotheker auf die Gefahr einer erhöhten Lichtempfindlichkeit hinweisen. Auch in den Beipackzetteln ist dies in der Regel bei den möglichen Nebenwirkungen aufgeführt.

Das Risiko einer phototoxischen Reaktion steigt mit der Dosis des photosensibilisierenden Wirkstoffs und der Intensität der UV-Strahlung. Von beiden Faktoren hängt auch die Schwere der Krankheitszeichen ab. Auf den Hautbereichen, die dem Licht ausgesetzt sind, machen sich erste Symptome wie Kribbeln oder Brennen oft recht schnell bemerkbar. Nach und nach kommen dort dann weitere sonnenbrandähnliche Krankheitszeichen hinzu.

Pflanzenstoffe als Auslöser

Zu den bekannteren Auslösern einer phototoxischen Reaktion gehören Doldenblütler wie z. B. Riesenoder Wiesen-Bärenklau, die auf Wiesen und an Bachläufen heimisch sind. Verantwortlich dafür sind Pflanzenstoffe, die zur Familie der Furocumarine gehören. Furocumarine dienen den Pflanzen zur Abwehr von Bakterien und Pilzen. Aufgrund ihrer chemischen Struktur sind Furocumarine sehr lichtempfindlich. D. h., die chemische Verbindung wird unter Einwirkung von UV-Strahlung instabil und es entstehen u. a. besonders reaktionsfreudige freie Sauerstoffradikale, die das umliegende Gewebe schädigen.

Furocumarine und deren Untergruppen kommen in verschiedenen Dolden- und Zitrusgewächsen vor, darunter auch Gemüsesorten und Kräuter (s. Tabelle). Allerdings ist der Gehalt dort so gering, dass eine phototoxische Reaktion nach dem Verzehr der Pflanzen nicht zu befürchten ist. Bei der Ernte empfiehlt es sich dennoch, Schutzhandschuhe zu tragen.

Behandlung

Ohne UV-Bestrahlung und bei Meidung der photosensibilisierenden Substanzen klingen die Symptome üblicherweise innerhalb von wenigen Tagen ab. Zusätzlich hilft alles, was auch bei Sonnenbrand der Haut guttut. Dazu gehören z. B. das Kühlen der Haut mit feuchten Umschlägen und je nach Schwere der Symptome die Anwendung von entzündungshemmenden Cremes oder Salben (topische Glucocorticoide) sowie Antiseptika, die bei offenen Blasen eine Wundinfektion verhindern. Ausgeprägte phototoxische Reaktionen sollten wie Brandverletzungen 2. Grades immer ärztlich versorgt werden.

Steht ein Arzneimittel als Auslöser in Verdacht, ist ebenfalls ein Arzt gefragt. Betroffene sollten auf keinen Fall das Medikament eigenmächtig absetzen oder in seiner Dosierung reduzieren. Gegebenenfalls kann der Arzt ein alternatives Medikament verordnen. Bei unverzichtbaren Medikamenten wird er entscheiden, ob eine Senkung der Dosis möglich ist. Mitunter hilft auch eine Verschiebung des Einnahmezeitpunkts auf die Abendstunden, da die Wirkstoffe dann teilweise schon abgebaut sind, bevor die Haut in die Sonne kommt.

Sehr viel einfacher ist es, um Pflanzen mit photosensibilisierenden Substanzen einen Bogen zu machen. Bei der Gartenarbeit lässt sich z. B. mit entsprechender Kleidung und langen Handschuhen ein direkter Kontakt mit den Pflanzen vermeiden.

Vorbeugung

Ganz gleich, was Auslöser einer phototoxischen Reaktion ist – sehr effektive Maßnahmen zur Vorbeugung betreffen den Sonnenschutz.

Die Regeln lauten:

  • In der Mittagszeit, wenn die Sonnenstrahlung am intensivsten ist, Sonne meiden
  • Die Haut mit Kleidung vor direkter Sonnenbestrahlung schützen
  • Kopf und Gesicht beschatten
  • Vor dem Aufenthalt in der Sonne Sonnenschutzmittel mit hohem UV-A-Filter auftragen
  • Kein Sonnenbaden, ganz gleich, ob unter natürlicher Sonne oder im Solarium

Diese Maßnahmen schützen nicht nur vor Hautschäden durch Photosensibilisierung, sondern auch vor „normalem“ Sonnenbrand und Hautkrebs.

Pflanzen mit phototoxischem Potenzial

Die gemeinnützige Europäische Stiftung für Allergieforschung (ECARF) hat auf ihrem Info-Portal einige Pflanzen mit phototoxischer Wirkung aufgelistet: www.ecarf.org/pflanze-licht-ausschlag. Dort finden Sie auch Ausschnitte eines Experteninterviews mit Professor Torsten Zuberbier, Vorstandsvorsitzender der ECARF, zum Thema phototoxische Wirkung von Pflanzen.

Garten- und Wildpflanzen
Phototoxischer Teil
Blühzeit
Bischofskraut (Ammi visnaga)
Früchte
Juni bis September
Brennender Busch bzw. Diptam
(Dictamnus albus)
Blätter mit Borsten, Stängel,
Samenkapseln
Juni bis Juli
Echter Engelwurz (Angelica archangelica)
Frischer Pflanzensaft
Juni bis August
Gefleckter Schierling (Conium maculatum)
Pflanzensaft
Juni bis August
Große Knorpelmöhre (Ammi majus)
V. a. Samen
Juni bis September
Meisterwurz (Peucedanum ostruthium)
Pflanzensaft
Juni bis August
Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum)
Alle Pflanzenteile, v. a. Pflanzensaft
Juni bis August
Weinraute (Ruta graveolens)
Blattoberfläche
Juni bis Juli
Wiesen-Bärenklau (Heracleum sphondylium)
Alle Pflanzenteile
Juni bis August
Kräuter und Gemüse
Phototoxischer Teil
Blüh-/Erntezeit
Anis (Pimpinella anisum)
Pflanzensaft
September/Oktober
Dill (Anethum graveolens)
Pflanzensaft
 
Echte Feige (Ficus carica)
Milchiger Pflanzensaft
Ab Juni, Haupternte
September
Echter Koriander (Coriandrum sativum)
Pflanzensaft
Frühjahr bis Herbst
Echter Sellerie (Apium graveolens)
V. a. Knollen
Ab August
Fenchel (Foeniculum vulgare)
V. a. Knollen
Ab Juni
Karotte (Daucus carota subsp. sativus)
Rüben u. Blätter (Pflanzensaft)
7 Wochen nach Aussaat
Liebstöckel (Levisticum officinale)
Pflanzensaft vor der Blüte
 
Pastinake (Pastinaca sativa)
Alle Pflanzenteile
Ab September
Petersilie (Petroselinum crispum)
Pflanzensaft
Frühjahr bis Herbst
Wiesen-Kerbel (Anthriscus sylvestris)
Alle Pflanzenteile
Mai bis Juli

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